Als Selbstführung bezeichnet man die Fähigkeit, das eigene Handeln und Denken bewusst zu steuern. Wir alle führen uns jeden Tag selbst, jede bewusste Handlung und Reaktion ist letztendlich Selbstführung. Häufig lassen wir unsere Reaktionsprozesse jedoch unbewusst ablaufen.
Unsere Handlungsmuster sind tief in uns verwurzelt und die interne Autopilotin greift munter darauf zu. Der große Vorteil unserer Autopilotin ist, dass wir besonders in brenzligen Situationen schnell und ohne lange zu überlegen reagieren können. So weit, so gut. Doch führt Sie das Navigieren unter der Autopilotin zum gewünschten Ergebnis? Vermutlich nicht so häufig, wie Sie gerne wollen.
Hier kann Selbstführung weiterhelfen. Viktor Frankl, ein österreichischer Psychiater und Begründer der Logopädie, sagte: „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum, den wir bewusst nutzen und gestalten können. In diesem Raum können wir wählen, wie wir auf genau diesen Reiz reagieren möchten.“ Damit Sie diese Wahl treffen können, sollten Sie Ihre Autopilotin mal auf Stand-by schalten und sich selbst ans Steuer Ihrer Handlungen begeben.
Wie kann Selbstführung gelingen?
Selbstführung setzt einen achtsamen Umgang mit mir selbst voraus. Damit ich mich wirksam selbst führe, ist eine Verbindung zu meinem Selbst wichtig. In diesem oben angesprochenen Raum muss ich meine Aufmerksamkeit darauf richten, wie es mir genau in diesem Moment geht. Dann kann ich meine Wahrnehmung darauf richten, was mir in dieser Situation nun wichtig ist und was ich mit meinem Verhalten erreichen möchte. Wenn ich mich darauf fokussiere, was mir im Moment wichtig ist, ist meine Reaktion vermutlich eine andere, als wenn ich z.B. in einer Diskussion einfach nur den Ball zurückspiele.
Ein weiterer Aspekt ist der Wille und die Fähigkeit zur Reflexion der eigenen Werte und des eigenen Verhaltens. In der ehrlichen und offenen Rückschau kann ich meine Reaktion nochmals prüfen und vor meinem geistigen Auge durchspielen, wie die Situation möglicherweise gelaufen wäre, wenn ich anders reagiert hätte. Ich meine hier ausdrücklich nicht, sich im Nachhinein selbst zu zerfleischen: Hätte ich doch nur…, Wäre ich bloß… Sondern es geht darum, konstruktiv und lösungsorientiert zu überlegen, wie ich zukünftig in einer ähnlichen Situation reagieren möchte. Eben neue Handlungsoptionen schaffen.
Wie so oft im Leben gilt auch beim Thema Selbstführung: Übung macht die Meisterin! Damit Selbstführung auch in schwierigen Situationen gelingt, ist es hilfreich, dieses Innehalten und die bewusste Entscheidung für eine Handlung zu üben. Üben Sie das Innehalten zunächst in unkritischen Situationen, denn dann ist unser Gehirn voll einsatzbereit, während es im Krisenmodus schon schwieriger vom bewussten Handeln zu überzeugen ist.
Das Schöne daran ist: Je häufiger wir üben, kurz innezuhalten und über neue Handlungsoptionen nachzudenken, umso mehr wird dieses neue Handlungsmuster in unserem Unterbewusstsein verankert. Damit fällt es uns zunehmend leichter, unsere Handlungen entsprechend zu lenken.
Warum ist Selbstführung ein Coaching-Thema?
Es klingt so einfach: Nutze den Raum zwischen Reiz und Reaktion für eine bewusste Handlung. In der Realität fällt uns diese gedankliche Pause schwer. Damit wir schlagfertig und aktiv wirken, reagieren wir möglichst schnell und meist aus dem Bauch heraus. Und schon haben wir, z.B. in einem schwierigen Gespräch wie immer reagiert. Mit dem für uns vorhersehbaren Ergebnis. Wir erschaffen so unsere eigene, sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Albert Einstein prägte den Satz: „Immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten, ist die Definition von Wahnsinn.“
Genau an diesem Punkt setzt das Coaching an. Coaching bietet einen Raum, um uns und unser Verhalten zu reflektieren und ein neues Bewusstsein für unsere Handlungen zu schaffen. So wird nicht nur das Handlungsmuster betrachtet, sondern auch hinterfragt, was hinter diesem Handlungsmuster steht. Unsere Handlungen sind immer Strategien, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Welches unerfüllte Bedürfnis triggert also dieses spezielle Handlungsmuster? Coaching hilft dabei, das Bedürfnis aufzudecken und neue Strategien zur Bedürfniserfüllung und damit neue Handlungsoptionen zu entwickeln.
Häufig stecken hinter unseren Handlungsmustern auch Glaubenssätze, die eine wirksame Selbstführung erschweren. Vielleicht befürchten Sie, dass Ihre Chefin Sie nicht mehr wertschätzt, wenn Sie Ihren Standpunkt nachdrücklich vertreten. Und so geben Sie in Diskussionen schnell nach, ärgern sich wahrscheinlich über sich selbst und auch das Ergebnis der Diskussion ist dann vermutlich nicht die bestmögliche Lösung. Diese Glaubenssätze aufzudecken, ihnen auf den Grund zu gehen und sie bei Bedarf aufzulösen ist ebenfalls ein mögliches Coaching-Thema, wenn es um Selbstführung geht.
Kurz gesagt hilft Coaching dabei, die Kontrolle über die Autopilotin zu erlangen und das Handlungssteuer ganz bewusst zu übernehmen.
Mein Fazit: Mit Selbstführung kann ich (nicht nur) in Krisen zu neuen Ergebnissen kommen
Selbstführung bedeutet, die Verantwortung für mein Handeln bewusst zu übernehmen und meine Reaktion bewusst zu steuern. Es bedeutet, sich über diesen Raum zwischen Reiz und Reaktion bewusst zu sein und ihn zu nutzen. Ich mache mir bewusst, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, auf einen Reiz zu reagieren und wähle meine Reaktion gezielt aus. Dieses Bewusstsein kann in Konflikten den ersten Schritt raus aus der Eskalationsspirale bedeuten. Es kann uns ermöglichen, unsere unterschiedlichsten Beziehungen neu zu gestalten. Stephen Covey nennt das in seinem Buch „Die 7 Wege zur Effektivität“: Das Skript neu schreiben. Mit Selbstführung kann ich das Skript meines Lebens neu schreiben und schaffe Gelegenheit für neue Ergebnisse und inneres Wachstum.
Herzliche Grüße
Nicole Gerstner
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